Am Samstag ist Premiere von Futur4 im Rahmen der Internationalen Maifestspiele – gestern haben wir das Programmheft in den Druck gegeben.

Futur4
Was ist Science Fiction, wenn sie nicht in Raketen und anderen Planeten gedacht wird, sondern in anderen Entwürfen des Wissen-Wollens, des Mensch Seins, der gelebten Zuversicht?
Die Protagonistin dieses dokumentarischen Stücks wurde als Teenager mit ihrer Familie Anfang der 70er Jahre von der Bundesrepublik Deutschland aus Rumänien „freigekauft“, als eine von Tausenden Siebenbürger Sächs*innen. In das neue Leben hatten sie sich schon lange hineingeträumt: mit dem Neckermann-Katalog, mit Bildbänden, mit Seife und Schallplatten von Verwandten aus dem Westen. Doch fast alles kam anders. Waren sie in Rumänien die fremden Deutschen, wurden sie in Deutschland die irgendwie deutschen Rumänen. Hatte sie in Rumänien nur grau gesehen, fühlte sich die junge Frau plötzlich selbst grau – bis sie erneut die Koffer packte.
50 Jahre später steht sie auf der Bühne und sortiert ihr Leben in Echtzeit. Welche Vorstellungen von Zukunft haben sich eingelöst, welche Erwartungsmuster schreiben sich fort? Und was für Zukünfte imaginiert sie heute für ihren Sohn, der seinerseits ein Kind erwartet?
Künstliche Intelligenz errechnet aus Mustern der Vergangenheit das Künftige im Jetzt – jederzeit abrufbar. Gemeinsam mit einer Computerlinguistin konstruiert die Protagonistin vor den Augen des Publikums einen KI-Chatbot zur Vertretung ihrer Selbst – ein Sprachmodell, gefüttert mit ihrem Wissen, ihren Bildern und ihrer Stimme. Ein personalisierter Chatbot, der später ein Gespräch mit ihrer Enkeltochter führen werden kann. Und heute Abend mit seinem leiblichen Original in Dialog tritt über Abschied und Ankunft, Freiheit und Fremdheit. Erinnerungen und Erwartungen werden konstruiert und dekonstruiert; eine Biografie wird weitergeschrieben und umgeschrieben. Vielleicht in Zukunft auch ohne das Original? Futur4.
CREDITS Mit: Ursula Gärtner, Xenia Klinge, Ursula_Bot Konzept, Text & Regie: Helgard Haug, Daniel Wetzel Dramaturgie: Christiane Kühl Szenografie: Dominik Steinmann Technische Leitung, Licht Design und Show System Design: Joscha Eckert Video Design: Juan Pablo Gaviria Bedoya Kostüm: Christine Ruynat Sound Design: Peter Breitenbach Künstlerische Mitarbeit Regie: Paula Holzhauer Hospitanz: Milli Keil Produktionsleitung & Mitarbeit Recherche: Lara Fischer